Anflug auf die 17 in Cascais (LPCS)
Zur Lisa nach Bonn...
Das Ziel dieses Trips wurde bereits 2013 auf der aero ins Visier genommen. Im Gespräch mit Renate Strecker, der betreuenden Redakteurin des aerokurier, äußerte sie das Interesse der Zeitschrift, über Flugrouten entlang großer Flüsse Europas berichten zu wollen. Nachdem unser Vorjahrestrip auf den Balkan und ans Schwarze Meer geführt hatte, schied für dieses Jahr ein Flug entlang der Donau aus und wir begannen mit Überlegungen, entlang von Rhone, Ebro und Tejo nach Lissabon zu fliegen. Leider machte uns 2013 das Wetter einen Strich durch die Rechnung, so dass wir diese Tour auf 2014 aufschieben mussten.
Bei der Planung machte uns die Strecke durchs Rhonetal in der Schweiz etwas Sorge. Selbstverständlich wollten wir die Rhone“quelle“, den Abfluss des Rhonegletschers, möglichst nah passieren, dummerweise sind aber gerade dort einige Sperrgebiete und kontrollierte Lufträume in der Karte verzeichnet. Skyguide bietet für solche Fälle den Service, „Spezialflüge“ anzumelden, allerdings muss das taggenau und mit Angabe der Uhrzeit geschehen, was für Sichtflüge natürlich immer problematisch ist. Einige eMails mit Skyguide lösten jedoch das Problem indem uns zugesagt wurde, dass wir unter Beachtung von einigen Höhenvorgaben das vorgesehene Gebiet problemlos befliegen könnten. Am Montag, den 8. September starteten wir bei hervorragenden aber leicht labilen Wetterbedingungen in Aalen-Elchingen nach Süden. Am Ostende des Bodensees flogen wir über Bregenz hinweg zunächst das Rheintal hoch über Hohenems und Bad Ragaz. Inzwischen hatten sich mächtige Cumuli über den Berggipfeln aufgetürmt, es waren aber immer noch Schönwetterwolken und unser Flugweg entlang des Tals war wunderbar frei von Wolken.
Nach dem Passieren des Oberalppasses flogen wir ins Wallis und ins Rhonetal ein. Die Rhone, die dort in der Schweiz „Rotten“ heißt, wird an ihrer Geburtsstätte aus dem Schmelzwasser des Rhonegletschers bei Brig gebildet und fließt die ersten Kilometer in westlicher Richtung bis Martigny, wo sich der Fluss nach Norden wendet und in den Genfer See mündet. In der Nähe des Genfer Sees und bereits auf französischem Gebiet lag auch unser erstes Etappenziel Annemasse. Unserer geplanten Route entlang des Rheins und der Rhone hatten wir in FL 85 problemlos folgen können. Zürich, Sion und Genf hatten unseren Flug begleitet und obwohl Annemasse nur air-to-air-Kommunikation hat, nannte uns auf unseren Anruf eine freundliche Frauenstimme die Landerichtung 12. Dort war bestes Wetter und wir genossen unsere Pause entspannt auf der Terrasse des Flugplatzlokals.
Die nette Dame erläuterte uns geduldig und ausführlich den dort gewünschten lärmarmen Abflug und wenig später waren wir wieder in der Luft, um weiter entlang der Rhone zu unserem Tagesziel Montpellier zu fliegen. Wir hatten unsere Route entlang der VORs Chamberey (CBY), Lyon (LSE) und Vienne (VNE) geplant, um der Rhone möglichst exakt folgen zu können. Entweder wollte man uns diesen Umweg ersparen oder einfach aus dem Gebiet um Lyon heraus halten, jedenfalls wurden wir freundlich aber bestimmt gebeten, direkt unseren nächsten Navigationspunkt, das VOR Montelimar (MTL) anzufliegen. Uns war’s auch recht, inzwischen war die Sicht recht dunstig geworden und die auftürmenden Cumuli im Süden und damit direkt auf unserer Kurslinie machten uns schon etwas Sorgen. Noch konnten wir in FL 80 Grenoble Isère (LFLS) überfliegen und erreichten die Rhone bei Valence wieder. Während wir noch gehofft hatten, der Rhone über Avignon bis in ihr Delta ans Mittelmeer folgen zu können, um von dort aus der Küste entlang nach Montpellier zu fliegen, wurde bald klar, dass wir besser auf diese Absicht verzichten sollten. Die Wolken wurden dichter und vereinigten sich zu einer geschlossenen Schicht mit einer Basis weit unter uns. Wir mussten unsere komfortable Höhe schrittweise aber kontinuierlich aufgeben und am Schluss flogen wir gerade noch in 1000ft über der flachen Landschaft des Languedoc unserem Ziel entgegen. Die Wolkenschicht über uns war bedrohlich schwarz geworden und unter einer wenig einladenden dunkelgrauen Mammatus-Schicht flogen wir direkt nach Montpellier. Weil zuerst noch eine Passagiermaschine im Landeanflug war, wurden wir von Meldepunkt zu Meldepunkt geschickt, die wir alle erst mühsam auf der Karte und in der Realität lokalisieren mussten. Und immer, wenn wir einen gefunden hatten, kam die Anweisung für den Nächsten, so dass wir ganz ordentlich mit Kleinnavigation beschäftigt waren, während von Westen immer dunklere Wolken herantrieben. Irgendwann waren wir jedoch „number one“ und machten unseren Anflug über die Meerseite auf die 30R, der großen Piste in LFMT. Unseren Parkplatz konnten wir uns selbst aussuchen und wir beeilten uns, die DA40 zu entladen und besonders fest zu verzurren – fielen doch schon die ersten Böen auf den Flugplatz herein. Wir schafften es gerade noch, trockenen Fußes ins GA-Terminal zu gelangen, als sich die schwarzen, regenschweren Wolken entluden und ein ordentlicher Platzregen niederprasselte.
Da die labile Wetterlage anhalten sollte, mussten wir uns am nächsten Tag recht früh auf den Weg machen, um den Einstieg über die Pyrenäen nach Spanien noch schaffen zu können. Am Dienstag hoben wir deshalb bereits um 0810 UTC in Montpellier zu unserem nächsten Etappenziel nach Lleida Alguaire (LEDA) ab und folgten zunächst der französischen Mittelmeerküste bis nach Perpignan.
Von dort an wurde es bergig und prompt standen die ersten, allerdings noch kleinen Cumuli über den Gipfeln. Wir passierten in bergigem Gelände die Grenze zu Spanien, blieben südlich von Andorra und flogen stur weiter unseren westlichen Kurs Richtung Lleida über spanisches Niemandsland.
Als uns Barcelona INFO nach Lleida verabschiedete, meldete sich dort niemand im Funk. Wir erinnerten uns daran, auf den Anflugkarten gelesen zu haben, dass dort nur am frühen Morgen und am Abend An- und Abflüge stattfinden und bastelten uns deshalb unseren Anflug selbst zurecht, nicht jedoch, ohne laufend durch Blindsendungen unsere Absichten kund zu tun.
Dort angekommen suchten wir uns einen passenden Parkplatz vor dem ausgefallen designten Flughafengebäude. Der erste, der auf uns zukam, war ein spanischer Polizist. Er ermahnte uns (auf dem ansonsten menschenleeren Vorfeld), zuerst unsere gelben Sicherheitswesten anzuziehen und schrieb dann Namen und Nummern unserer Pässe auf eine Liste ab. Damit war seine Aufgabe erledigt und wir fanden in einem Büro zwei hilfsbereite AIS-Mitarbeiter, die unseren Flugplan schlossen und uns mit weiteren Informationen versorgten. WLAN für die Aufgabe unseres nächsten Flugplans war nur in der weitläufigen aber fast menschenleeren Halle verfügbar. Wenigstens ein Imbiss hatte geöffnet, so dass wir unsere Wartezeit mit einem Sandwich und einer kalten Cola vertrieben.
Beim Abflug hatte AIS bereits unseren Flugplan vorliegen – in Spanien und Portugal eine unabdingbare Voraussetzung, um überhaupt aufs Vorfeld gelangen zu können. Da immer noch kein Betrieb war, bastelten wir auch unseren Abflug nach eigenem Gutdünken zurecht. Das nächste Leg sollte über die VORs Calamocha (CMA) und Castejon (CJN) nach Ocana (LEOC) führen. Dort sind auch Fallschirmspringer beheimatet, was uns die Sicherheit bot, dort unserem Diesel-Flieger Jet-A1 bieten zu können. Barcelona, Zaragoza und Madrid begleiteten uns auf unserem unspektakulären Flug durch ruhige Luft und über wunderliche Landschaften: Karge Einöden wechselten sich mit grünen Flusstälern und riesigen kreisrunden bewässerten Feldern ab.
Überall nur winzige Siedlungen, kaum größere Ortschaften und auffällig viele verlassene Häuser und Gehöfte. Kurz nach dem Start kam der „Embalse de Mequinenza“ in Sicht, der größte Stausee Aragoniens. In ihm wird auf rund 110km Länge der Ebro aufgestaut, seine Uferlandschaft mutet stellenweise fraktal an. Ab Castejon flogen wir, mal näher, mal weiter entfernt, am Tejo entlang, der etwa 25 nm nördlich unserer Kurslinie zwischen Calamocha und Castejon in 1600m Höhe in den Montes Universales entspringt. Auch in Ocana war bei unserer Landung nichts los. Der Funk war wohl besetzt, eine Landemeldung können man jedoch für uns nicht aufgeben.
Während sich Heiner ums Tanken kümmerte, machte ich mich auf die Suche und den Weg ins „Büro“, wo man den Plan schließen könnte. Leider verstand die dort anwesende Dame ausschließlich Spanisch. Als alle Versuche scheiterten, ihr mein Anliegen verständlich zu machen und die Zeit knapp wurde, lief ich auf die nahe gelegene Terrasse der Flugplatzgaststätte, um den dort Sitzenden mein Anliegen zu schildern. Freundlicher Weise kam einer der Gäste mit ins Büro, um der Dame meine Notlage zu schildern. Inzwischen waren schon gut 20 Minuten seit unserer Landung vergangen und ich wollte keinesfalls die Auslösung des Such- und Rettungsdienstes verschulden. Endlich erschien auch ein sehr gut gekleideter Flughafenchef, der so viel Englisch verstand, dass wir das Problem lösen konnten: Um den Flugplan zu schließen, müsse man in Cuatro Vientos (LECU), dem ältesten Flugplatz von Madrid, anrufen. Anstatt dies aber nun selber zu tun und unseren Flugplan zu schließen, schrieb man uns die Telefonnummer auf und Heiner, der inzwischen dazu gestoßen war, konnte das leidige Problem endlich mit einem Anruf von seinem Mobiltelefon aus erledigen. Nach diesem Desaster und nach zwei Legs mit jeweils fast zwei Stunden Flugdauer war ich ziemlich erschöpft und liebäugelte mit einem baldigen Feierabend. Inzwischen war es schon 16 Uhr Lokalzeit geworden und der nächste Flug nach Cascais würde knapp drei Stunden dauern. Heiner wollte jedoch unbedingt noch weiter, so gaben wir den nächsten Flugplan auf und waren eine Stunde später wieder in der Luft weiter westwärts über das VOR Toledo (TLD) Richtung Portugal. Die spanische Landschaft wiederholte sich, jetzt jedoch deutlich öfter von den grünen Tälern des Tejo und seinen großen Seen durchzogen. Der Tejo schlängelte sich im Wechsel mal rechts mal links unter uns hindurch. Ab und an ist er zu größeren Seen aufgestaut, der größte ist der Alcántara-Stausee in der Extremadura nahe der portugiesischen Grenze und nördlich des VORs Caceres (CAC). Im Funk wurde es immer stiller und an der Grenze zu Portugal, die wir kurz vor dem VOR Nisa (NSA) überflogen, hatten wir die Verbindung zu Madrid verloren. Nachdem uns das auf unserer Strecke durch die Pyrenäen immer wieder mal passiert war, machte uns dies keine Sorgen. Wir rasteten die Frequenz von Lissabon und kurz nach unserem Grenzüberflug wurden wir von Lissabon angesprochen, bekamen einen neuen Squak und konnten auf unserer geplanten Route von Nisa zum VOR Espichel (ESP) auf südwestlichem Kurs parallel zum Tejo weiterfliegen. Das VOR Espichel liegt auf dem gleichnamigen Kap, von wo aus eine VFR-Route nordwärts der Küste entlang in 2000ft und dann in 1500ft nach Cascais führt. Auf diesem Weg überfliegt man den Tejo und hat einen herrlichen Blick auf die dessen Mündung überspannende und 2275,64 m lange Ponte 25 de Abril (Brücke des 25. April), die stark an die „Golden-Gate-Bridge“ erinnert.
Auf dem Flugplatz von Cascais war während unserer Ankunft eine Menge los und der Controller sprach pausenlos. Er agierte aber hoch professionell und so war unser Anflug über den linken Gegenanflug auf die 17 von LPCS völlig problemlos und entspannt. Nach dem dreistündigen Flug genossen wir das Aussteigen und die angenehm kühle Atlantikluft, versorgten unsere EPUZ und schlenderten mit unserem Gepäck zum AIS-Gebäude. Nach unserem fast siebenstündigen Flug in drei Etappen von Montpellier an die Atlantikküste, der völlig entspannt und problemlos verlaufen war, standen wir nun auf dem Boden der Tatsachen vor dem Problem der Hotelfindung. Der Angestellte im AIS-Büro telefonierte mit einer Engelsgeduld eine Vielzahl von Hotels an, um uns für zwei Nächte unterzubringen. Hotelbetten waren jedoch offensichtlich Mangelware und wir bekamen schließlich nur die Zusage für eine Nacht im Hotel Eden in Estoril. Ein Taxi brachte uns auf abenteuerlichen Pfaden dort hin und das Einbuchen in unsere zwei Einzelzimmer dauerte eine gefühlte Ewigkeit. Der junge Mann am Computer wurde wohl eingelernt und er musste bei jedem Tastendruck nachfragen. Unsere Nachfrage nach einer zweiten Nacht konnte man jedoch noch nicht positiv beantworten, das Hotel sei ausgebucht und wir sollten morgen nochmals nachhaken. Als wir dann unsere Einzelzimmer aufsuchten, waren wir mehr als überrascht: Der junge Mann hatte uns in zwei geräumige Suiten eingebucht – und das zum Preis von Einzelzimmern! Das ließ uns natürlich sofort logisch folgern, dass wohl die Einzelzimmer knapp sein mochten, aber offensichtlich nicht die Suiten und wir deshalb sicher unseren Luxus auch für zwei Nächte in Anspruch nehmen können müssten. An der Rezeption hatte man den Fehler zwischenzeitlich wohl bemerkt, wir durften dennoch in unseren Suiten bleiben. Nur für eine zweite Nacht wollte man uns diesen Luxus nicht uneingeschränkt zum Einzelzimmerpreis gönnen. Wir kamen schließlich überein, dass wir für einen moderaten Aufpreis eine der Suiten für die zweite Nacht gemeinsam nutzen können. Da genügend Zimmer und Schlafgelegenheiten vorhanden waren, sagten wir sofort zu.
Am nächsten Morgen stand die Besichtigung von Lissabon auf dem Programm, leider weckte uns schon in der Frühe prasselnder Regen. Eine Regenfront, welche die letzten Tage noch stationär weit vor der Küste gelegen hatte, war in der Nacht mit ihren tiefen Untergrenzen und schlechten Sichten aufs Land aufgelaufen. Trotzdem ließen wir uns nicht von unserem Vorhaben abbringen, fuhren mit dem Zug von Estoril nach Lissabon, kauften uns dort zuerst Regenschirme, um dann im Nieselregen durch Portugals Hauptstadt zu schlendern. Leider hing das schlechte Wetter auch am nächsten Tag noch über der Küste. Wir gaben trotzdem noch im Hotel unseren Flugplan auf und ließen uns vom Taxi wieder nach Cascais auf den Flugplatz fahren.
Unser erstes Etappenziel war Leon im Norden Spaniens. In der Karte ist im Norden von Lissabon eine VFR-Strecke von Sobral del Monte Agraco nach Santarem (LPSR) eingezeichnet, von dort aus sollte es über die VORs Fatima (FTM) und Viseu (VIS) nach Norden gehen. Der Grenzübertritt nach Spanien sollte bei Braganca (LPBG) erfolgen. In den Flugplan hatten wir als ersten Routing-Point die Kennung von Santarem eingetragen, der nette AIS-Mann machte uns beim Eintreffen gleich darauf aufmerksam, dass man unseren Flugplan so nicht akzeptiert hätte und zeigte uns die Ausflugroute nach Norden auf der Karte: Nach dem Start sollten wir zur Küste ans „Cabo da Roca“ (Felsenkap) fliegen, von dort aus nördlich bis nach Ericeira und von dort weiter nord-östlich zum Anfangspunkt der VFR-Route Sobral del Monte Agraco. Wenn wir einverstanden seien, würde er unseren Flugplan entsprechend abändern. Natürlich waren wir einverstanden und er erklärte uns, dass wir beim nächsten Mal einfach diese Route mit den ausgeschriebenen Ortsnamen in den Flugplan eintragen sollten. Zunächst war an ein Fliegen aber überhaupt nicht zu denken und die vorherrschenden IFR-Bedingungen sollten noch die nächsten drei Stunden mit entsprechend vielen Flugplanfolgemeldungen unverändert belieben.
Dann war aber die träge Front durchgezogen, und eine schulbuchmäßige Rückseite mit kleinen, niedrigen Cumuli und besten Sichten ermöglichte einen Start und den Abflug auf der vorgesehenen Route. Nach einer halben Flugstunde kam das Befürchtete: Wir hatten die Front auf ihrem Weg nach Nordosten kurz vor Fatima eingeholt und diese war dort noch so aktiv, dass wir ein Passieren schnell aufgaben und zurück nach Santarem flogen. Unseren Flugplan schlossen wir noch in der Luft.
Am Platz war kein Betrieb, so dass wir von Norden kommend am Tejo entlang direkt auf die 23 anflogen und landeten. Nach dem Aussteigen wandten wir uns an drei Arbeiter einer Flugwerft, die gerade von ihrer Siesta zurückkamen. Diese hätten uns gerne ein paar Liter Treibstoff verkauft, zu mehr Service und Auskünften waren sie aber nicht bereit oder in der Lage. So verdrückten wir uns in den Schatten auf die Nordseite des Fallschirmspringerheims und machten auf den Stufen des Eingangs unsere weitere Flugplanung. Dies war ohne WLAN gar nicht so einfach. Irgendwie schafften wir es schließlich, uns mit Heiners europaweiten Roaming-Funktion mit Wetterdaten zu versorgen und gewannen den Eindruck, dass sich die Front auf ihrem weiteren Weg abschwächen würde. Unsere ursprüngliche Absicht, es an diesem Tag noch bis nach Frankreich schaffen zu können, gaben wir auf, Leon selber wollten wir aber noch erreichen. Inzwischen waren Mitglieder des Fallschirmclubs gekommen, die uns in ihr Büro einluden. So wurde unsere Arbeit etwas komfortabler, wir gaben wieder einen Flugplan nach Leon auf und starteten, gespannt darauf, was uns auf dem weiteren Flugweg erwarten würde. Knackpunkt war die Front, die wir bald wieder eingeholt hatten, die aber diesmal deutlich durchlässiger war. Der Lotse gab uns freie Hand, und wir schafften es diesmal problemlos, uns einen Weg durch die nur noch schwach ausgeprägte Front mit zwar niedrigen aber klar sichtbaren Untergrenzen zu finden.
Dahinter flogen wir im besten Wetter Leon entgegen. Nach Passieren der Landesgrenze gab uns Lissabon nach Madrid weiter, auf unsere mehrfachen Anrufe erhielten wir aber keine Antwort, so dass wir schließlich Leon rasteten und uns dort baldmöglichst meldeten. Betrieb war in diesen Abendstunden keiner mehr, trotzdem erhielten wir vom militärischen Controller ausführlichste Anweisungen und ein METAR heruntergeschnarrt. Die Landefreigabe folgte ebenfalls kurz darauf. Den Anflug konnten wir nach eigenem Gutdünken gestalten, er legte aber ungemein Wert darauf, dass wir auf dem riesigen und sonst völlig leeren Vorfeld auf „stand 16“ abstellten; den Gefallen taten wir ihm gerne.
Das Flughafengebäude war menschenleer, durch automatische Türen gelangten wir ins Freie und Heiner bestellte über eine an der Infotafel angebrachten Telefonnummer ein Taxi, das uns in die Stadt ins Hotel brachte. Nach dem Abendessen machten wir uns an die Planung für den nächsten Tag, an dem wir möglichst weit nach Frankreich kommen wollten. Wir entschieden uns, das erste Leg über die VORs Santander (SNR), Biarritz (BTZ) und Mont de Marsan (MDM) nach Perigeux (LFBX) zu legen. Am nächsten Tag war zwar im Flughafengebäude etwas Betrieb, wir sollten uns aber erst bei AIS melden und dort unsere Landegebühren bezahlen. Das AIS-Büro sei leider nicht im Flughafengebäude sondern „nebenan“ und mit dieser diffusen Beschreibung machte ich mich auf die Suche. Dort, wo man mich hingeschickt hatte, war aber nur das Gebäude der Flughafenfeuerwehr, von einem schwarzen C auf gelben Grund war weit und breit nichts zu sehen. Ich rüttelte ohne Erfolg an einigen verschlossenen Türen und machte mich dann unsicher auf den Fußmarsch in Richtung der Siedlung, die in einem guten Kilometer Entfernung erkennbar war. Inzwischen hatte Heiner den AIS-Mann per Telefon erreicht und der setzte sich ins Auto, um mich unterwegs auf meiner Odyssee aufzusammeln. Er entschuldigte sich gleich: Bei der Planung des neuen Flughafengebäudes hätte man AIS schlicht vergessen, deshalb seien sie noch provisorisch im Feuerwehrgebäude untergebracht. Da dies aber ein Provisorium sei, habe man dort auch keine diesbezüglichen Schilder angebracht. Auch eine Art von Logik... Jedenfalls konnte ich bei ihm bezahlen, das neueste Wetter einholen und dann brachte er mich im Auto sogar noch zurück zum Hauptgebäude, wo wir jetzt die Kontrollen passieren und zu unserer EPUZ gehen konnten. Der Start auf dem sonst noch regungslosen Flughafen war problemlos und wir stiegen auf FL105, um die quer zu unserem Kurs liegenden und bis zu 7000ft hohen Erhebungen des Kantabrischen Gebirges sicher überfliegen zu können.
Obwohl unser Flugplan angenommen worden war, ließ uns Santander nicht in den großflächigen D-Luftraum, der bis in FL145 reicht. Man erzählte uns etwas von einem Staatsbesuch und Anwesenheit des Militärs und bat uns freundlich, genau an der Westgrenze des D-Luftraums entlang 20nm in nördlicher Richtung weiterzufliegen. Dort durften wir dann auf Ostkurs drehen und gebührender Entfernung zur Küste dem französischen Festland entgegen fliegen. Das VOR von Biarritz strichen wir aus unserer Route und setzten uns gleich auf das Radial 260 von Mont de Marsan (MDM). Selbst aus unserer Höhe hätten wir im Falle des Falles die rettende Küste wohl nicht erreicht, aber der Diesel schnurrte wieder einmal völlig unbeeindruckt vor sich hin. Nördlich von Capbreton erreichten wir die schnurgerade französische Atlantikküste und flogen ohne weitere Überraschungen östlich an Bordeaux vorbei unserem Etappenziel Perigeux (LFBX) entgegen.
Außer dass wir dort tanken konnten, hatte uns der eigentlich unkontrollierte Platz nicht viel zu bieten: Der „Controller“, ein – wie wir später feststellten – blutjunger Bursche, übte wohl noch und schrieb uns unseren Anflug millimetergenau vor, ließ uns alles Mögliche melden und dirigierte uns selbst noch auf dem leeren Vorfeld herum. Das WLAN, das ab 15 Uhr Lokalzeit seinen Betrieb aufnehmen sollte, funktionierte nicht und wir mussten unsere Planung wieder über Heiners Handy erledigen. Unsere zweite Tagesetappe, die uns nach Besancon La Vèze (LFQM) bringen sollte, planten wir deshalb „direct“ und flogen ohne Flugplan um 16:30 Uhr Lokalzeit mit der Abendsonne im Rücken auf der 11 ab, wiederum mit exakten Anweisungen von unserem „Controller“ dirigiert. Die Lotsen unterwegs waren wesentlich kulanter und ließen uns einfach fliegen. Als wir kurz vor 19 Uhr Besancon riefen, erhielten wir keine Antwort, dort war offenbar schon Feierabend. Wir beschlossen, mit unserem nordöstlichen Kurs direkt auf die 05 in Besancon anzufliegen und gaben unsere Positionsmeldungen sicherheitshalber auch noch auf Französisch durch. Keiner antwortete und Punkt 19 Uhr loc. setzte die EPUZ bei schon tief stehender Sonne in LFQM ihre Räder auf die Bahn. Wir rollten etwas abseits ins Gras, verzurrten den Flieger und machten uns im Taxi auf den Weg in die Stadt und ins Hotel.
In der Stadt herrschte noch großer Betrieb, wir ließen uns etwas durch belebte Straßen und Gassen mittreiben, um schließlich unser Abendessen in einer der vielen Restaurationen unter freiem Himmel einzunehmen. Gesprächsthema war – wie immer an den Abenden beim Essen – die Flugstrecke des nächsten Tages. In Deutschland war schlechtes Wetter, das sich im Lauf des Folgetags etwas bessern sollte. So beschlossen wir, unsere Flugplanung und den Flugplan zunächst bis nach Freiburg zu machen und dort dann über den weiteren Verlauf unseres Heimflugs ad hoc zu entscheiden. Den Abflug in Besancon zögerten wir am Folgetag relativ lange hinaus, um dem Wetter in Deutschland möglichst lange Zeit zu geben, sich zu bessern. Beim Start hatten wir mit vier Achteln Cumuli und hervorragenden Sichten beste Bedingungen, die uns bis zum Rhein begleiteten. Deshalb entschlossen wir uns, unseren Flugplan über Freiburg in der Luft zu schließen und unser Glück nordwärts zu versuchen, da die Wolken, die nun zahlreicher und größer geworden waren, auf dem Schwarzwald auflagen. Westlich des Rheins war immer noch gutes, sonniges Wetter und wir hofften, uns über Karlsruhe und den Kraichgau an Heilbronn vorbei nach Aalen-Elchingen durchkämpfen zu können. Kurz vor Karlsruhe gaben wir jedoch auf und nahmen das einladende Angebot des Controllers von Karlsruhe-Baden-Baden gerne an, auf seinem Platz zu landen.
Zwei Stunden lang studierten wir wieder Wetterkarten und –meldungen, die feuchte Luftmasse hielt sich jedoch recht beharrlich. Immer wieder wurde es heller, dann begann es wieder zu nieseln, als nach etwa zwei Stunden ein von Norden kommender Pilot von dort ordentlichen Bedingungen und einer Basis in 4000ft berichtete. Das schien uns einen Versuch wert zu sein und der Controller ließ uns direkt nach Norden am Rhein entlang abfliegen.
Die erhaltene Wettermeldung entpuppte sich auf unserem Kurs als doch etwas optimistisch, da wir immer wieder Schauern ausweichen mussten. Nach 50 Minuten erreichten wir schließlich Schwäbisch Hall und beschlossen, dort unseren Flug zu beenden, da sich die Schauertätigkeit nach Osten hin deutlich verstärkte. Der Tower war schon gar nicht mehr besetzt, so dass wir für unsere Sicherheitslandung eigenständig die 08 wählten, abrollten und unseren Flieger auf dem Vorfeld versorgten.
Die Wartezeit, bis uns Heiners Frau mit dem Auto abholte, verbrachten wir in der Flugplatz-Pizzeria und ließen unseren Flug dort nochmals Revue passieren. Unsere Reise zum westlichsten Ende des Europäischen Festlands hatte genau 24 Flugstunden gedauert und diesmal durch das streckenweise herausfordernde Wetter einige kurzfristige Alternativen notwendig gemacht. Zu allen Zeiten unseres Flugs wussten wir uns jedoch durch die Lotsen gut begleitet und insbesondere in schwierigerem Wetter immer hervorragend unterstützt. Das Englisch der Lotsen ist überall einwandfrei, wir hatten zu keiner Zeit Verständigungsprobleme und von der wirren Luftraumstruktur auf den VFR-Karten Frankreichs muss sich wirklich niemand abschrecken lassen, die beschriebene Reise zu wiederholen. Insbesondere die Landschaft in Zentralspanien ist so reizvoll und stellenweise so bizarr, dass man einfach nur stundenlang über sie hinweggleiten und staunen kann.
- Annemasse: Landung 15€, Tanken 1,63€/l Jet-A1
- Montpellier: Landung, 1 Nacht: 20€ Tanken 1,52€/l, Transfer privat, Hotel Campanile Le Millénaire 95,90€
- Lleida: Landung 6€
- Ocana: Landung 8€ Tanken 1,77€/l
- Cascais: Landung, 2 Nächte: 60€ Tanken 2,95€/l, Taxi: 20€, Hotel Estorlil Eden: Einzelübernachtung in der Suite 105€/Person, Übernachtung zu zweit in der Suite 127€/2 Personen
- Santarem: keine Landegebühr
- Leon: Landung, 1 Nacht: 31€ Tanken 2,24€/l, Taxi: 34€, AC Hotel San Antonio: 104€
- Perigeux: Landung: 6€, Tanken: 1,54€/l
- Besancon: Landung: 9€ Tanken: 1,66€/l, Taxi: 42€, Hotel Ibis: 82,50€
- Karlsruhe-Baden: Landung 15€
- Schwäbisch-Hall: Landung 11€
- Karten LS, LF1-LF6, LE1-LE6, LP
- Unsere Flugpläne haben wir für alle Strecken bis nach Perigeux über das AIS-Portal der DFS (https://secais.dfs.de) aufgegeben. Dort lassen sich die Pläne bereits zuhause vorbereiten und abspeichern. Den Dienst kann man auch für Flüge im Ausland nutzen, wenn die Flugpläne in fortlaufender Folge aufgegeben werden.
- Die An-/Abfluginformationen der besuchten Plätze haben wir über die „Aeronautical Information Services“ der jeweiligen Länder aus dem Internet bezogen:
- Frankreich: https://www.sia.aviation-civile.gouv.fr/html/frameset_aip_uk.htm
- Spanien: http://www.enaire.es/csee/Satellite/navegacion-aerea/en/Page/1078418725163/AD-Aerodromes.html
- Portugal: http://www.nav.pt/ais/