Mallorca 2011

malle

Nachdem mit Sarajevo das Ziel unseres Vorjahrestrips relativ schnell festgestanden hatte, war es doch eine schwere Geburt, bis wir uns zu unserem diesjährigen Ausflugsziel durchringen konnten. Heiners Traum von einem Nordkap-Flug mussten wir begraben, da wir im Sommer kein gemeinsames Zeitfenster fanden und der uns beiden zusagende Reisetermin Mitte September für eine Reise in den hohen Norden vom Wetter her kaum als besonders geeignet angesehen werden kann. Was das Wetter betraf, so schienen uns die südlichen Regionen Europas ohnehin deutlich besser für längere VFR-Ausflüge geeignet zu sein. Auf unser letztendlich aus vielerlei Überlegungen resultierendes Ziel, die bei Urlaubern und Ferienfliegern beliebte Insel Mallorca im Mittelmeer, kamen wir eher zufällig aufgrund einer Bemerkung unseres Fliegerkameraden Robert Haag, der eben dieses Ziel schon vor uns angeflogen hatte. Eigentlich wollte ich ja französischen Luftraum strikt meiden: Der Blick auf die zugehörigen VFR-Karten erinnerte mich zu stark an das für mich unentwirrbare Liniengeflecht der Schnittmusterbögen meiner Mutter, nach denen sie uns früher unsere Kleidung geschneidert hatte. Ein halbwegs entspanntes Fliegen ohne die Angst, nach der Landung für unzählige Luftraumdelikte ins Gefängnis zu wandern, schien mir aufgrund des Kartenstudiums schlechterdings unmöglich zu sein! Robert behauptete aber genau das Gegenteil und berichtete von völlig entspanntem Fliegen in unserem westlichen Nachbarland.

Die nächste große Hürde auf dem Weg nach Mallorca sind genau 97 nautische Meilen über offenes Wasser des Mittelmeeres. Nie zuvor hatte diese in der Luftfahrt gebräuchliche Entfernungseinheit für mich eine so besondere Aussagekraft besessen, als bei der Planung eben dieses Abschnittes nach Mallorca. Auch hier versuchte Robert nach Kräften unsere Besorgnis zu zerstreuen, er hatte offensichtlich relativ gelassen in knapp 3.000 ft über Wasser diese Strecke zurückgelegt. Ich bin zwar nicht hydrophob veranlagt, aber das denkbare Szenario, an einer winzigen Schwimmweste hängend stundenlang im Mittelmeer zu treiben, bereitete mir schon etwas Kopfzerbrechen. Aber, noch war es ja nicht so weit und Heiner schien sich weit weniger Gedanken zu machen. Er besorgte vielmehr kurzerhand alle nötigen Karten und damit stand das Ziel Mallorca endgültig fest!

Ab Montag, den 12. September wollten wir uns wieder mit der Diesel-Dimona D-EPUZ des LSR Aalen auf den Weg machen. Und wieder schien uns ein technisches Problem in die Quere zu kommen: Just am Sonntag zuvor war ein zu niedriger Kühlwasserstand entdeckt worden, dessen Ursache unklar war. Die am Montag früh aufgesuchte Werft konnte uns aber beruhigen: Dort war vor kurzem die Kupplung ausgetauscht worden und bei der Neubefüllung des Kühlsystems waren wohl ein paar Luftblasen übrig geblieben. Ein einfaches Nachfüllen behob jedenfalls das Problem dauerhaft, Lecks konnten keine entdeckt werden.

start edpa

Um 1104 UTC hatten wir den Flieger vollgetankt, beladen und starteten bei nahezu wolkenlosem Himmel von Aalen-Elchingen aus Richtung Südwesten. Unser Tagesziel war Grenoble Le Versoud (LFLG) und wir hatten im Flugplan die Route über Radolfzell und die VORs KLO, WIL und FRI direkt über Kloten, am Ostufer des Genfer Sees und westlich am Mt. Blanc entlang geplant. Bei Sallanches (LFHZ) würden wir französischen Luftraum erreichen und von dort direkt nach Grenoble weiterfliegen. Wir hofften, in großer Höhe über Kloten hinwegfliegen zu können und stiegen nach dem Start kontinuierlich auf FL95. Die erste Frage des Lotsen auf Zürich INFO betraf dann auch unser Routing über das VOR KLO, er sagte aber zu, dass er wegen eines möglichen Durchflugs durch die „Zürich area“ nachfragen würde. Obwohl wir auch andere Flightlevel akzeptiert hätten, wurde diese Anfrage jedoch negativ beschieden und wir mussten auf „Plan B“ zurückgreifen: Dieser führte von Radolfzell zum VOR TRA und unterhalb des Züricher Deckels um die Kontrollzone herum. Obwohl zu den lateralen Grenzen der verschiedenen Lufträume noch genügend Platz war, wurden wir angewiesen, den Sinkflug deutlich zu beschleunigen. Offenbar war doch recht viel Verkehr um Zürich herum in der Luft. In 3000 ft flogen wir schließlich völlig unbehelligt unsere landschaftlich reizvolle Alternativroute über den Rheinfall bei Schaffhausen, Trasadingen, Birrfeld und wieder zurück auf unsere vorherige Route beim VOR Willisau.Mit dem Anheben der einzelnen Züricher Beschränkungsgebiete waren wir gleich wieder  gestiegen und genossen nun einen ruhigen Flug in FL95 bei strahlend blauem Himmel mit nur ganz wenigen Quellwolken um die Gipfel der Berge direkt durch die bis FL100 reichende Kontrollzone von Bern im Schweizer Jura am Ostufer des Genfer Sees entlang in Richtung Mt. Blanc. Bei Sallanches (LFHZ) waren wir in den französischen Luftraum eingeflogen und passierten nun den mächtigsten Berg der Alpen etwa 10 km westlich. Kein Wölkchen behinderte den Blick auf diesen imposanten Berg, dessen Gipfel unsere Flughöhe noch deutlich überragte.

mont blanc

Unsere Route führte weiter durch die Savoyer Alpen über Albertville, 1992 Austragungsort der olympische Winterspiele, entlang der Isère nach Grenoble, das bereits 1968 die Spiele ausgetragen hatte. Wir hatten für unsere Reise den „kleinen“ Flugplatz Grenoble Le Versoud (LFLG) gewählt, da dieser näher an der Stadt liegt als der von uns als Alternate vorgesehene Flughafen Grenoble Isère (LFLS). Eingebettet zwischen zwei mächtigen Gebirgszügen im Westen und im Osten liegen Platz und Stadt im breiten von Nord nach Süd verlaufenden „Val d’Isère“. Wir mögen bitte auf den Segelflug achten war das einzige Anliegen des Flugleiters, als er uns den Anflug auf die Piste 04 empfahl.

ldg genoble

Nach 02:48 Stunden landeten wir auf dem freundlichen und weitläufigen Platz, versorgten unseren Flieger und riefen ein Taxi. Aufgrund der generellen Unwägbarkeiten bei VFR-Flügen hatten wir kein Hotel vorgebucht und überließen diese Entscheidung nach der Eingrenzung eines Preisrahmens dem Taxifahrer. Dieser zückte in voller Fahrt sein Smartphone und begann via Internet einige Hotelportale abzufragen und uns mögliche Häuser wort- und gestenreich vorzustellen. Daneben unterhielten wir uns radbrechend auf Englisch und Französisch über die Stadt und die Landschaft, bis unsere Fahrt in der Stadtmitte am „Hotel de l’Europe“ endete.

hotel europe

Dessen Vorteil seiner zentralen Lage genossen wir mit einem ausgedehnten Spaziergang durch die durchaus sehenswerte Altstadt, nicht jedoch ohne dabei bei jedem Stopp in einem der unzähligen Bistros unsere mitgebrachten Karten zu studieren und über die am nächsten Tag vorgesehene Flugroute zu sinnieren. Wir hatten geplant, am zweiten Tag weiter nach Spanien bis Sabadell (LELL), den Flugplatz für die General Aviation nördlich von Barcelona zu fliegen. Während unser seitheriger Flug in französischem Luftraum entlang der Landesgrenze in den Alpen völlig unbehelligt von irgendwelchen Luftraumbeschränkungen geblieben war, mussten wir nun wohl oder übel „mitten durch“! Der erste Teil unserer Route über St. Jean en Royans (LFKE) bis zum VOR Montelimar (MTL) war noch unproblematisch, aber dann kam es doch ziemlich dick: Beschränkungsgebiete von GND bis FL195, D-Lufträume in unterschiedlichen Variationen von 2000 ft bis ebenfalls FL195 und nicht zu vergessen die Tieffluggebiete, die sich spinnennetzartig durch den gesamten untersten französischen Luftraum ziehen. Durch ein Beschränkungsgebiet westlich von Orange war eine VFR-Route in 1700ft in die Karte eingezeichnet, welche wir vorsorglich in unsere Planung mit aufnahmen. Danach hofften wir, uns auf unserer weiteren Route über Narbonne bis zur spanischen Grenze am Mittelmeer entlang auf unterschiedlichen Höhen durchzuschlagen zu können.

Am nächsten Tag, bei unverändert traumhaften Wetterbedingungen kümmerte sich Heiner um den Flieger, während ich mich mit dem Selbstbriefingsystem am PC des örtlichen Clubs vertraut machte, um unseren Flugplan durchzugeben. In Frankreich geschieht dies mit Hilfe von „Olivia“, dem "On Line Integrated tool for Visualization of Information for Airmen". Dies ist ein wirklich toller Informationsdienst zur Wetter- und Notamabfrage, über welchen auch der Flugplan aufgegeben werden kann. Die dazu nötige Registrierung sollte man bereits zuhause vornehmen und dabei auch gleich eine Liste der Flugplätze anlegen, welche man wahrscheinlich auf seinem Trip anfliegen wird, man kann die Kennung des Flugzeugs hinterlegen und auch schon die gewünschte Sprache auswählen. Damit sind dann beim tatsächlichen Ausfüllen des Flugplans bereits einige Felder vorbelegt und für Departure und Destination kann man komfortabel aus der Liste der vorbenannten Plätze auswählen. Nach dem Absenden des Flugplans bekommt man eine „Referenznummer“, unter welcher man dann nach einiger Zeit – natürlich ebenfalls in Olivia – erfährt, ob der Flugplan angenommen wurde. Unsere Absicht war, ein Durchkommen möglichst hoch zu versuchen, so stiegen wir nach dem Start auf der 04 in einer großen Schleife um den Platz und die Stadt auf FL70, um dann Kurs auf das VOR Montelimar zu nehmen. Nach der Kontaktaufnahme mit Lyon INFO reichte uns der Controller sofort weiter an Orange RDR, einen Militärplatz, der offensichtlich für die in dieser Gegend vorhandenen Sperr- und Beschränkungsgebiete in doppelter Hinsicht „verantwortlich“ war. Die Qualität der Funkverbindung war zwar alles andere als ideal, aber der freundliche Controller hatte eine Engelsgeduld, bis wir unter diesen Umständen alle nötigen Details geklärt hatten. Problemlos erhielten wir die Durchfluggenehmigung durch das LF R-55 B und konnten die imposante Schlucht der Ardèche überfliegen, ohne auf die vorsorglich geplante VFR-Route weit unter uns ausweichen zu müssen.

ardeche

Danach wurden wir auf Marseille INFO weitergereicht und konnten unsere geplante Route weiter in konstanter Höhe abfliegen. Diese führte zwar durch vielerlei Beschränkungsgebiete und kontrollierte Lufträume, aber wir flogen ja kontrolliert, der INFO-Dienst wird in Frankreich und Spanien von Radarlotsen mit betreut, so dass unser Fliegen tatsächlich ungemein entspannt war. Man wird zwar häufig von Bereich zu Bereich weitergeleitet und bekommt jedes Mal einen neuen SQUAK, wir konnten aber unsere geplante Route problemlos abfliegen und uns an der langsam unter uns hinwegziehenden und abwechslungsreichen Landschaft erfreuen. Den spanischen Luftraum erreichten wir bei Ampuriabrava und der gewohnte Service setzte sich nahtlos fort. Wir flogen über die VORs Bagur (BGR) und Caella (CLE) weiter entlang der Küste und dann entlang der veröffentlichten Anflugstrecke über MATARO in Richtung unseres Tagesziels Sabadell. Auch dort wurden wir im Funk freundlich empfangen und gefragt, ob wir uns auskennen oder zum ersten Mal hier seien. Da ja letzteres der Fall war, erläuterte uns der Controller das Anflugverfahren (das wir natürlich auf der Anflugkarte schon studiert hatten) in aller Ausführlichkeit. Nach diesen vielen Informationen hatten wir statt seiner Anweisung: „turn right into base for runway 13“ fälschlicherweise „turn into right base for runway 31“verstanden und begannen in den rechten Gegenanflug für die 31 zu drehen. Das bemerkte er sofort und korrigierte uns. Auf meine Entschuldigung kam ein lapidares: „No problem!“ An dem großen Platz war auch überhaupt nichts los, erst nach unserer Landung begann eine Schulmaschine ihre einsamen Runden zu drehen.

sabadell

Unseren Parkplatz konnten wir uns auf dem riesigen Vorfeld selbst aussuchen, dort vertäuten wir die EPUZ an einem auf dem Boden gespannten Stahlseil und schleppten unser Gepäck auf die Terrasse des Clubrestaurants, wo wir unseren knapp dreistündigen Flug nochmals Revue passieren ließen. Das Fliegen in Frankreich und Spanien war tatsächlich sehr entspannt, da wir uns unter der freundlichen Beobachtung der Radarlotsen immer gut betreut und unterstützt wussten. Während in Spanien Flugplanpflicht für jeden VFR-Flug besteht, ist dies in Frankreich nicht der Fall. Aber auch dort sollte man – zumindest für größere Strecken – immer einen Flugplan ausfüllen, die Lotsen kennen dann in aller Regel das gewünschte Routing, was das ganze Verfahren natürlich deutlich vereinfacht. Die Pflicht zur Aufgabe von Flugplänen wird in Spanien so ernst genommen, dass wir für den Abflug in Sabadell die Sperre zum Vorfeld erst passieren durften, nachdem wir unseren von der Luftaufsicht abgestempelten Flugplan vorgezeigt hatten, während den Sicherheitsbeamten unsere Pässe und Lizenzen nicht im geringsten interessierten. Auch später in Son Bonet auf Mallorca erkundigte sich der „Flugleiter“ vor unserem Abflug erst nochmals telefonisch, ob unser Flugplan angenommen worden sei, bevor er uns einen guten Flug wünschte.

Freundliche Menschen in der Luftaufsicht von Sabadell suchten, als wir uns nach unserer Ankunft bei ihnen meldeten, am PC ein Hotel für uns, zu dem wir uns dann per Taxi hinfahren ließen. Dieses Hotel lag zwar relativ zentral im Ort Sabadell, wir wollten am Abend aber natürlich die Metropole Barcelona sehen und erleben und setzten uns in den Zug, welcher uns direkt zur „Placa de Catalunya“ direkt ins Stadtzentrum von Barcelona brachte.

barcelona

Wir sogen zunächst das pulsierende Leben dieser Großstadt in einem kleinen „Stadtrundgang“ in uns auf und später dann ein kühles Bierchen auf der Placa direkt in uns rein. Gesprächsthema war natürlich immer wieder unser Trip des nächsten Tages, welcher uns nach Mallorca bringen sollte.Wir diskutierten anhand der Karte mehrere Möglichkeiten, die „offene“ Zeit über Wasser möglichst zu reduzieren. Eine dieser Möglichkeiten, die wir schon zuhause in Betracht gezogen hatten, war, weiter entlang der Küste bis zu dem weit ins Meer ragenden Landvorsprung bei Las Rotas südlich von Valencia zu fliegen. Von dort aus hätte die Insel Ibiza den Weg nach Osten Richtung Mallorca etwa hälftig unterteilt. Nachteil war aber bei dieser Lösung neben dem großen Umweg, dass wir auf dieser Rote nur hätten maximal 3500 ft über Wasser fliegen können. Dies machte die kürzeren Strecken über offenem Wasser praktisch wieder zunichte. Schließlich verfielen wir auf die Idee, von Sabadell aus zunächst weiter nach Westen zum VOR Maella (MLA) westlich von Tarragona zu fliegen und dadurch den Behinderungen des Luftraums um Barcelona zu entgehen. Dort im Westen gab es keine Einschränkungen mehr, so dass wir auf eine beruhigendere Höhe für unser Leg zur Insel steigen könnten. Erst auf dessen letztem Teil würde uns ein Luftraum A über der Insel zum frühzeitigen Sinkflug zwingen.Stolz auf unsere geniale Idee präsentierten wir diese am nächsten Tag einem spanischen Fluglehrer, der sich interessiert unsere DA40 anschaute. Anstatt uns aber für unsere geniale Flugplanung anerkennend auf die Schulter zu klopfen, schüttelte er nur verständnislos den Kopf: „No, no!“ Er fliege immer und ausschließlich auf direkten Weg zur Insel. Auf meinen Einwand, dass er dabei ja auf weite Strecken nur 1500 ft über Wasser fliegen könne, zuckte er nur lapidar mit den Schultern.

Wir bleiben trotzdem bei unserem Plan und stiegen nach dem Start in Sabadell langsam auf FL125, welche uns genehmigt worden war. Natürlich hatten wir ganz penibel den „point of no return“ in die Karte eingetragen und jeweils im Abstand von 4nm die benötigten Höhen, um die Insel zu erreichen. Klar war, dass wir diese Höhen aufgrund des A-Luftraums nicht ganz würden halten können, aber immerhin wüssten wir dann im Falle des Falles, woran wir wären. Selbstverständlich hatten wir am Vorabend auch nochmals die Emergency-Procedures im Flughandbuch intensiv studiert, wobei dort bezeichnenderweise von einer Notwasserung nicht die Rede war.

kueste

Als dann die Küste an der Mündung des Ebro unter uns verschwand, waren wir wohl gut vorbereitet, aber spannend wurde es dann doch – erst recht, als wir den „point of no return“ erreichten und klar war, dass nun eine etwa 30-minütige Flugstrecke vor uns lag, die im schlimmsten Fall im Wasser enden würde. Zum einen hätten wir dann eine gehörige Portion Vereinsvermögen „versenkt“ und zum anderen schreckte mich die Vorstellung, dass wir bei einem möglichen Überschlag im Wasser die vorn angelenkte Haube der DA40 nicht aufbekommen würden. So wurde es dann doch recht still im Flugzeug und wir hielten intensiv Ausschau nach größeren Schiffen, die uns nötigenfalls recht schnell beistehen könnten. Das einzige, das sich von der Situation glücklicherweise völlig unbeeindruckt zeigte, war das Dieselaggregat der EPUZ, es schnurrte wie eh und je sonor vor sich hin. So näherten wir uns der Insel und erwarteten die Aufforderung des Lotsen, nun mit dem Sinkflug unter die 6000 ft des A-Luftraum zu beginnen. Diese Aufforderung kam erfreulicherweise sehr spät, so dass wir es auch mit großer Sinkrate kaum mehr unter den Luftraumdeckel würden schaffen können. Daher sanken wir moderat mit 500 ft/min und durchquerten dabei unbehelligt den A-Luftraum – eine Sache, die wohl nur in Spanien möglich ist. Auch mit der nächsten Untergrenze in 3500 ft nahm es der Lotse nicht so ernst. Wichtig war ihm aber, dass wir nach dem Überfliegen der Küste maximal in 1000 ft GND  fliegen dürften. Diesem Wunsch kamen wir auf den letzten Metern zum zivilen Flugplatz Son Bonet (LESB) gerne nach, genossen wir es doch, endlich wieder festen Boden unterhalb unserer Flügel zu haben.

Auf Son Bonet gibt es keinen Tower, man meldet nur auf der air-to-air-Frequenz 123.5 seine Absichten. Da dort bereits ein Flieger seine Runden drehte, waren wir über die Landerichtung informiert und reihten uns in die Linksplatzrunde auf die 05 ein. Die Landung war bei böigem Wind und nach gut zwei Stunden Flugzeit durchaus anspruchsvoll, so dass die EPUZ erst am „Dienstag“ alle Räder auf dem Asphalt behielt.

son bonet

Zufrieden über unsere glückliche Ankunft schleppten wir unser Gepäck zu einer kleinen Luftaufsichtsbaracke. Aufgrund des starken und böigen Windes wollten wir die EPUZ besonders gut vertäuen und baten dort um ein paar passende Seilstücke. Nach ein paar Telefonaten kam doch tatsächlich die Feuerwehr im großen roten Truck angefahren und brachte uns das Gewünschte. Schließlich erklärte man uns den Weg zum nahegelegenen Bahnhof, nicht ohne mehrmals eindringlich auf die großen Gefahren beim Überqueren der Straße vor dem Flugplatz hingewiesen zu haben, dort habe es schon viele schwere Unfälle gegeben! Das Glück blieb uns aber hold und wir erreichten die kleine Bahnstation unversehrt, um dort vor dem nächsten Problem zu stehen: Es gab keine Möglichkeit, eine Fahrkarte zu kaufen. Dies könne man im Zug machen, erklärten uns andere Wartende. Doch auch dort gab es keine Möglichkeit und so fuhren wir mit schlechtem Gewissen schwarz ins Zentrum von Palma. Im dortigen Zentralbahnhof waren nun allerdings alle Ausgänge mit Schleusen versehen, die man nur mit Fahrschein passieren konnte. Für Fälle wie uns war aber vorgesorgt: Vor diesen Schleusen stand ein Fahrscheinautomat, an welchem man seine Tickets offenbar nachlösen konnte. Als wir diesen näher inspizierten, kam sofort eine freundliche Dame, fragte nach unserem Woher und drückte die entsprechenden Knöpfe. Für sehr moderate „0,95€ einschließlich MwSt. und SOV“ bekam jeder von uns beiden ein in deutscher Sprache ausgestelltes Ticket, das uns anstandslos die Schleusen passieren ließ.

Der Zug hatte uns zur „Estacio Intermodal“ ins Zentrum von Palma zur „Plaza de Espana“ gebracht und wir brauchten nur ein paar Schritte zu gehen, um ein sehr gutes Hotel zu einem akzeptablen Preis zu finden. Nach einer kurzen Verschnaufpause im Hotel ließen wir uns durch die lebhaften Gassen von Palma mit ihren vielen Straßenkünstlern treiben, um den Abend bei kühlem Bier und Sandwiches auf der Terrasse eines kleinen Restaurants direkt am „Plaza de Espana“ zu genießen.

placa espana

Inzwischen war es Mittwoch geworden und wir hatten natürlich vorgehabt, den Donnerstag auf Mallorca zu verbringen und erst am Freitag wieder die Heimreise anzutreten. Die Wetterprognosen für das Wochenende waren aber gar nicht gut, so dass wir fürchten mussten, unterwegs irgendwo in Frankreich liegen zu bleiben. So entschlossen wir uns schweren Herzens zu einer früheren Rückreise und begannen noch in der Nacht mit der Planung. Die Strecke über Wasser schreckte uns schon nicht mehr so sehr und dieses erste Leg sollte auf umgekehrtem Weg zurück zum VOR Maella führen. Von dort wollten wir auf Nordkurs quer durch Spanien zunächst bis nach Albi in Frankreich fliegen. Dieser Nordkurs führte in Spanien weitgehend über fliegerisches Niemandsland, so dass wir auf unserem Routing nach dem VOR Maella mit Bagnères de Luchon (LFCB) erst wieder einen französischen Pyreneenplatz als Ort des Grenzübertritts angaben. Durch unsere guten Erfahrungen auf dem Herflug ermuntert, planten wir die weitere Route direkt östlich über Toulouse hinweg direkt nach Albi, unserem nächsten Etappenziel.

Am Donnerstag früh fuhren wir mit dem Zug zurück Richtung Flugplatz, überquerten mit der gebotenen Vorsicht wieder die gefährliche Straße und ließen gelassen die Kontrollen am Eingang des Flugplatzes über uns ergehen. Es wäre ja schon mal einen eigenen Bericht wert, aufzuschlüsseln, welcher Art solche Zutrittskontrollen auf manchen ausländischen Plätzen sind: Mal muss man eine ID oder die Lizenz zeigen, mal den Flugplan, mal den Pass, manchmal beliebige Kombinationen dieser Papiere, hin und wieder muss man durch die Schleuse... Manche Kontrollen sind durchaus zielgerichtet, manche hingegen hinterlassen den Eindruck von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. In Son Bonet wurden jedenfalls mit strengem Ernst und großer Akribie Buchstaben und Ziffern unserer Personalausweise in ein dickes Buch eingetragen, ganz als ob am jüngsten Tage jemand verkünden wolle, dass am Donnerstag, den 15. September 2011 um 10:07 Uhr die Herren Albrecht und Steinhart den Sicherheitsbereich des Flugplatzes von Son Bonet betreten hatten.

Während sich Heiner auf dem Vorfeld wieder um die Maschine kümmerte und das Tanken organisierte, versuchte ich, einem PC in der Flugleitungsbaracke unseren Flugplan beizubringen. Dies scheiterte permanent daran, dass unsere Flugstrecke nicht eigegeben werden konnte. Schließlich erkundigte ich mich auf der am PC für Rückfragen angegebenen Nummer, wo man mir dann erklärte, ich solle die Route einfach weglassen. Tatsächlich akzeptierte der PC dann meinen Flugplan problemlos. Heiner war derweil bei seinem Treiben auf dem Vorfeld einer Dame von der „Luftaufsicht“ aufgefallen, weil er sich dort ohne die vorgeschriebene grellfarbene Sicherheitsweste aufhielt. Nur nach Aufbieten seines gesamten Charmes drückte sie nochmals beide Augen zu. Für unsere nächsten Trips haben wir uns aber fest vorgenommen, solche Sicherheitswesten mitzunehmen.

Nach dem Start auf der 05 schwenkten wir links auf Nordkurs und blieben über der Insel unterhalb 1000 ft GND. Nach dem Überqueren der Küstenlinie durften wir zunächst auf 3500 ft und dann gleich weiter auf 6000 ft steigen. Dass wir dabei wieder streckenweise durch den Luftraum A flogen, schien niemand zu stören. Auch die Freigabe auf die erbetene FL125 erhielten wir wieder deutlich früher, als dies nach Karte möglich gewesen wäre. Mit jedem Höhenmeter wurde mir wohler zumute und wir flogen insgesamt gelassener dem spanischen Festland entgegen.

ebromuendung

Vielleicht versuchen wir es beim nächsten Mal dann ja doch auf der direkten Route des spanischen Fluglehrers in 1500 ft. Bald überflogen wir wieder die Küste zum Festland und auf unserem Weg nach Norden überquerten wir mitten in Spanien imposante Landschaften, den Ebro und riesige zerklüftete Gebiete, auf denen eine Notlandung mindestens den Bruch des Flugzeugs und einiger eigener Knochen nach sich ziehen würde. Der Diesel ließ sich aber auch hier nicht beeindrucken, schnurrte wie ein Uhrwerk und zog uns weiter Richtung Pyrenäen.

ebro

Während wir noch in völlig wolkenloser Luft flogen, sahen wir schon von weitem, dass sich entlang des Hauptkamms und damit quer zu unserer Flugrichtung mächtige Cumuli aufgetürmt hatten. Da in Frankreich nur bis FL115 VFR geflogen werden darf und wir hofften, die Wolkenmauer irgendwo unterfliegen zu können, begannen wir rechtzeitig mit dem Sinkflug auf FL115. Wir hatten jedoch Glück: Direkt auf unserer Kurslinie war eine Lücke in der Wolkenwand und wir flogen zwischen strahlend weißen und mächtigen Wolkentürmen in den Luftraum von Frankreich ein.

pyrenees

Jetzt waren wir gespannt, was Toulouse zu unserem Routing knapp östlich am Platz vorbei sagen würde. Natürlich hatten wir vorsorglich wieder einen Plan B vorbereitet und eine auf der Karte eingezeichnete VFR-Route in 2000 ft präpariert. Die freundliche Controllerin fordert uns nur auf, dass wir zwischen FL110 und FL120 bleiben sollen, dann könnten wir auf gewünschtem Kurs weiter fliegen. So konnten wir die Geburtsstätte des großen Airbus aus großer Höhe betrachten, den Supervogel selbst bekamen wir leider nicht zu Gesicht. Im Anflug auf Albi (LFCI) teilte uns der Flugleiter frühzeitig mit, dass es aufgrund einer Rennveranstaltung keine Möglichkeit zum Tanken gäbe. Genau das hatten wir dort zwar tun wollen, aber nach drei Stunden Flugzeit wollten wir uns auf jeden Fall wenigstens die Beine vertreten und dann am Boden Alternativen überlegen. So sanken wir in einer großen Rechtsplatzrunde über die Stadt mit ihrer mächtigen Kathedrale Sainte-Cécile inmitten des Bischofsviertels in den Endteil der 27.

albi

Der Bereich um die Tankstelle war umstellt von einer Wagenburg aus riesigen Trucks, die wohl das Fahrerlager darstellte. Für unseren Flieger war da kein Durchkommen und unsere Idee, ein paar Liter Diesel per Kanister zu tanken und zur EPUZ zu bringen, wurde leider vom Flugplatzchef aus „Sicherheitsgründen“ nicht genehmigt. Da wir in Son Bonet randvoll getankt hatten, musste noch für gut zwei Stunden Sprit in den Tanks sein, auch die Tankanzeigen bestätigten dies. Für unser Tagesziel Besançon wäre das zwar gerade so ausreichend gewesen, aber darauf ankommen lassen wollten wir es auch nicht. Von Diamond wird jeder DA 40 ein System mit einer gebogenen Glasröhre beigelegt, mit welchem man nach dem Prinzip kommunizierender Röhren den Tankinhalt genau auslitern können soll. Unser System taugte aber nichts, es zeigte lediglich für eine halbe Stunde Sprit an und bescherte uns sonst nur penetrant stinkende Finger. Also gingen wir auf Nummer sicher und planten auf dem Boden der Flughafen-Eingangshalle mit unseren ausgebreiteten Karten einen Flug nach Roanne (LFLO).

flugplanung

Der Flugleiter hatte zuvor telefonisch die Versicherung eingeholt, dass wir dort am nächsten Tag sicher Jet-A1 bekommen würden. Da die Strecke nach Roanne tatsächlich frei von behindernden Lufträumen war, beschlossen wir, ohne Flugplan dorthin zu fliegen.

france

Um 16:37 Uhr starteten wir wieder in Albi und flogen in einem ruhigen Abendflug knapp eineinhalb Stunden in FL70 über einsame Heidelandschaften mit großen Schafherden direkt in den Endanflug auf die 02 von Roanne. Der Flugleiter sprach eigentlich überhaupt nicht Englisch, konnte aber die nötigsten Verfahrenssprechgruppen auswendig, um uns die Betriebspiste zu nennen. Vorsichtshalber setzten wir im Anflug unsere Meldungen auch noch auf französisch ab, aber außer uns war ohnehin niemand in der Luft und der Flugleiter machte gleich nach unserer Landung Feierabend.

roanne

Den Abend verbrachen wir nach einer abenteuerlichen Taxifahrt im Hotel und planten dort die Route für den Heimweg am nächsten Tag. Die Wetterprognosen waren entgegen aller vorherigen Meldungen noch recht gut, so dass wir in FL50 auf direkter Linie über Besançon und Montbeliard durch die burgundische Pforte Kurs auf Aalen-Elchingen nehmen wollten.Um tanken zu können, mussten am nächsten Morgen unzählige Daten unseres Flugzeugs und unseres Heimatflugplatzes von einem Bediensteten in den Rechner eingegeben werden, was erst nach mehreren Anläufen und einigen Telefonaten gelang. Dann tankten wir ein letztes Mal die EPUZ voll und schwangen uns nach der Flugplanaufgabe auf der 02 wieder in die Luft. Unsere seitherigen Erfahrungen wurden auch auf der letzten Teilstrecke unseres Trips bestätigt: Fliegen in Frankreich und Spanien ist entspannt, die Menschen auf den Plätzen sind ungemein freundlich und hilfsbereit, die Verständigung auf Englisch klappt auf den Info- und Radar-Frequenzen problemlos und der Schnittmusterbogen auf der VFR-Karte stellt bei guter Vorbereitung nicht wirklich ein Hindernis dar. Selbst der Durchflug durch die Kontrollzone nördlich von Basel-Mulhouse war problemlos möglich.

rhein

Durch Heiners alte Heimat, den Schwarzwald ging es südlich an Freiburg vorbei und über Rottweil direkt nach Hause und dem Ende unserer Reise in Aalen-Elchingen entgegen. Dort landeten wir nach insgesamt 15 Stunden Flugzeit mit dem festen Vorsatz, auch 2012 wieder zu einer gemeinsamen Flugreise aufzubrechen.

Dieser Flugbericht ist im Heft 6/2012 in gekürzter Form im aerokurier erschienen. Die pdf-Version des Artikels hat mir die betreuende Redakteurin Renate Strecker wieder zur Verfügung gestellt.

 

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